Sofia fragt nach!
Diesmal mit Christoph Bals von German Watch e.V.

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Seit 2013 ist die Zahl der Haushalte, die Ökostrom beziehen um 1,35 Millionen zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2016 wurde so viel Fleisch produziert wie nie zuvor. Schon am 29. April 2016 war der deutsche Overshoot Day – der Tag, an dem wir bereits alle Ressourcen, die uns fairerweise für ein Jahr zustehen würden, verbraucht haben. Der World Overshoot Day folgte am 08. August 2016 und rückt Jahr für Jahr weiter nach vorne.

Sofia: Wie fühlen sie sich angesichts dieser Tatsachen?

Christoph Bals: Negative Trends betrachte ich als eine Aufforderung zum Engagement, positive Entwicklungen als eine Ermutigung auf diesem Weg. Auch diese positiven Trends gibt es. Die Erneuerbaren Energien machen jetzt schon ein Drittel der deutschen Stromproduktion aus. Weltweit wurde in den letzten drei Jahren mehr in Erneuerbaren Strom investiert, als in Kohle, Gas und Kernkraft zusammen. All dies wäre nicht möglich gewesen ohne die mühsame und begeisternde Arbeit von Pionieren und politischen Rahmensetzungen wie dem EEG, die das „Weiter so“ durchkreuzten. Jetzt gilt es als nächstes den Kohleausstieg und die systemischen Herausforderungen eines Energiesystems anzupacken, das überwiegend durch die schwankenden Energieträger Sonne und Wind gespeist wird.

In Deutschland hat übrigens in jüngster Zeit auch der Fleischkonsum abgenommen, auch wenn der Export von Milch und Fleisch noch boomt. Und das Problembewusstsein von Bevölkerung, Ärzten, Wasserwerken, Entwicklungsexperten, Klimawissenschaftlern in Bezug auf verschiedene Aspekte der industriellen Tierhaltung explodiert. Immer mehr Menschen betrachten Tiere als Mit-Lebewesen mit Eigenwert, nicht nur als Nutzprodukte für den Menschen. Andere sehen, wie köstlich vegetarisches oder veganes Essen schmecken kann. Wenn diese Akteure es schaffen, gut zu kooperieren, dann wird die Politik nicht anders können als endlich den politischen Rahmen so zu setzen, dass dies nicht der industriellen Tierhaltung sondern der Bevölkerung dient. Solche Tatsachen stimmen mich optimistisch. Ich freue mich auf die Landwirtschaftswende …

Sofia: Wie kamen sie dazu sich in diesem Bereich zu engagieren? Wie sieht ihr beruflicher Werdegang aus?

Christoph Bals: Nach dem Studium habe ich mir systematisch angeschaut, was die großen kommenden Herausforderungen sind. Der Klimawandel und die Antibiotikaresistenz waren zwei davon. Gegen den immer noch massiv unterschätzten Klimawandel habe ich mich seitdem engagiert. Und ich freue mich, dass Germanwatch nun auch sich immer stärker gegen eine der wichtigsten Ursachen der Antibiotikaresistenz – die industrielle Tierhaltung – engagiert.

Insbesondere das Thema Klimawandel und Energiewende stand dann schon im Fokus eines kleinen Journalistenbüros im Raum München, das ich mit einem Freund und Kollegen betriebenhabe. Ein Fokus war damals etwa die notwendige Energiewende in der DDR. Parallel habe ich mich ehrenamtlich u.a. beim Global Challenges Network von Hans-Peter Dürr engagiert.

Seit 1992 arbeite ich bei Germanwatch und habe diese ein Jahr zuvor gegründete NGO mit aufgebaut. Die Frage der Gerechtigkeit und des Schutzes der ökologischen Mitwelt waren dabei Triebfedern. Wir wussten damals, dass Deutschland größer geworden war und wir wollten und wollen, dass Deutschland dieser gestiegenen Verantwortung gerecht wird: In den armen Ländern, in der EU, in Deutschland.

Sofia: Was gibt ihnen Kraft und Hoffnung mit ihrer Arbeit weiter zu machen?

Christoph Bals: Die konkrete Utopie einer lebenswerten Zukunft. Der Wunsch, dass die Täter nicht über die Opfer triumphieren sollen. Die Kooperation mit faszinierenden Menschen in verschiedenen Teilen der Welt – aber auch in der eigenen Familie und im Team von Germanwatch.

(1) http://www.klimaretter.info/konsum/nachricht/21687-deutsche-fremdeln-beim-oekostrom

(2) http://www.klimaretter.info/konsum/nachricht/21760-so-viel-fleisch-wie-nie

Christoph Bals hielt am 8.10. beim Think Tank 2016 den Vortrag „Kooperation – die konstruktivste Antwort auf den Klimawandel“: