Sofia fragt nach!
Diesmal mit Daniel Überall, Mitgründer und Vorstandsmitglied des Kartoffelkombinats, einer solidarischen Landwirtschaft.

Als studierter Kommunikationswirt arbeitete Daniel Überall bis 2007 in unterschiedlichen Werbeagenturen. Im Gründungsteam von utopia.de, der Online-Community für nachhaltigen Lebensstil, wurde die Passion zur Profession. 2011 startete er die Initiative stadtimker.de und seit 2012 ist er bei der anstiftung für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Als Vorstand im Kartoffelkombinat verantwortet er die Bereiche Kommunikation, Finanzen und Verwaltung.

Daniel über sich: „Das Zitat ‚There are no passengers on spaceship earth. We are all crew.‘ von Marshall McLuhan sagt eigentlich alles aus. Es liegt an uns, die Welt besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.“

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Seit 2013 ist die Zahl der Haushalte, die Ökostrom beziehen um 1,35 Millionen zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2016 wurde so viel Fleisch produziert wie nie zuvor. Schon am 29. April 2016 war der deutsche Overshoot Day – der Tag, an dem wir bereits alle Ressourcen, die uns fairerweise für ein Jahr zustehen würden, verbraucht haben. Der World Overshoot Day folgte am 08. August 2016 und rückt Jahr für Jahr weiter nach vorne.

Sofia: Wie fühlen sie sich angesichts dieser Tatsachen?

Daniel Überall: Es überrascht mich nicht besonders, dass z.B. die Fleischproduktion steigt, obwohl parallel auch die Anzahl der Vegetarier, Veganer und aller, die bewusst leben möchten, von Jahr zu Jahr steigt. In Deutschland wird ein Überschuss an Fleisch produziert, weil die Produktion hier aufgrund von Massentierhaltung und –schlachtung enorm billig ist. Dieser Überschuss wird exportiert– vor allem nach Afrika und Asien. Und Strom ist eben ein Low-interest-Produkt, auch da entscheidet der Preis. Billig geht die Welt zugrunde.

Sofia: Wie kamen sie dazu sich in diesem Bereich zu engagieren? Wie sieht ihr beruflicher Werdegang aus?

Daniel Überall: Ich habe bei Utopia gearbeitet und mich dort mehr als drei Jahre lang mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt.  Damit, wie man große Unternehmen, DAX-Konzerne, in Richtung Nachhaltigkeit bringt. Aber ich war mir irgendwann nicht mehr sicher, ob das wirklich etwas bringt: Warum beispielsweise entwickelt ein großer Konzern nur eine Parallel-Bio-Produktlinie und produziert seine konventionellen Produkte einfach weiter? Das ist nicht ganzheitlich gedacht. Anschließend habe ich ein Jahr lang bei einer Klimaschutzberatung gearbeitet und nochmal vor Augen geführt bekommen, dass wir als Menschheit gerade auf eine Katastrophe zusteuern. Das Zwei-Grad-Ziel beispielsweise ist nicht annähernd zu erreichen. Es geht nun um vier oder sechs Grad. Die Umwälzungen, die auf uns in den nächsten 200 Jahren zukommen, zeigen, dass es nicht mehr reicht, nur Müll zu trennen und Ökostrom zu beziehen.

Sofia: Was gibt ihnen Kraft und Hoffnung mit ihrer Arbeit weiter zu machen?

Daniel Überall: Ich will den Planeten besser verlassen, als ich ihn vorgefunden habe. Wir befinden uns in einer wahnsinnig privilegierten Situation, denn wir sind diejenige Generation in der Menschheitsgeschichte, die den höchsten Wohlstand hat, die beste medizinische Versorgung – kurz gesagt diejenigen, die am unbesorgtesten aufwachsen können. Historisch betrachtet genießen wir die beste Ausbildung und all das führt zu einer gewissen Verantwortung. Unser Lebenszweck sollte sich nicht nur auf das abendliche Fernsehen und den jährlichen Mallorca-Urlaub beschränken. Ein großer Teil unseres Wohlstands ist immer noch auf Ausbeutung von anderen Menschen und Ressourcen begründet. Wir versuchen ein Gegenmodell aufzubauen und das treibt mich an.

(1) http://www.klimaretter.info/konsum/nachricht/21687-deutsche-fremdeln-beim-oekostrom

(2) http://www.klimaretter.info/konsum/nachricht/21760-so-viel-fleisch-wie-nie

Daniel Überall hielt am 8.10. beim Think Tank 2016 den Vortrag „Klima, Ressourcen, Ausbeutung – Welche Landwirtschaft können wir uns leisten?“: